Einleitung zu unseren länderspezifischen Artikeln

Der Erwerb von Kompetenzen in der interkulturellen Kommunikation beginnt mit etwas viel Grundlegenderem als mit den Vokabeln oder der Grammatik einer Fremdsprache. Tatsächlich passiert nämlich mehr, als das wir uns nur in einer anderen Sprache unterhalten: wir kommunizieren mit einer anderen Kultur. Der Fachjargon, den wir mit unseren Kollegen aus anderen Kulturen teilen vermittelt uns die Illusion, dass die interkulturelle Kommunikation in einer Art von "neutralem Umfeld" stattfindet. Der Ton jedoch, in dem wir uns mit Hilfe dieses gemeinsamen Vokabulars unterhalten, ist sehr stark durch unseren jeweiligen kulturellen Hintergrund geprägt. Kompetenzen in der interkulturellen Kommunikation zu besitzen heißt, andere kulturelle Stimmen bewusst wahrnehmen zu können, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu unserer eigenen kulturellen Stimme einschätzen zu können, und daraufhin die eigene so zu modulieren, dass sie eine effizientere Kommunikation ermöglicht.

Ein Großteil der Nichtbeachtung und der gelegentlichen Skeptik, die man der interkulturellen Kommunikation entgegen bringt, basiert auf einer ganzen Reihe von fundamentalen Missverständnissen darüber, worum es bei ihr eigentlich handelt. Der Bedarf im kommerziellen Bereich an kurz und knapp gehaltenen Verhaltensregeln, die den Erfolg interkultureller Begegnungen garantieren sollen, ist enorm. Wir versuchen zu zeigen, dass zur Kompetenz in der interkulturellen Kommunikation nicht nötig ist, dass man jedes Detail über jede Kultur ständig parat hat. Dieses Ziel ist nicht nur unrealistisch, es gäbe auch niemanden, der behaupten könnte, solche Kenntnisse erfolgreich zu vermitteln. Ein wesentlich sinnvollerer Weg zur Erlangung von Kompetenzen auf diesem Gebiet ist, das "Warum" hinter einer Reihe von bestimmten Verhaltensweisen zu erkennen und zu verstehen, und nicht nur das "Wie" zu katalogisieren. Mit anderen Worten, der Weg zum Ziel führt über das Verständnis der verschiedenen Wertesysteme, die die Gründe für Verhaltens- und Kommunikationsstile sind, und nicht über das Verinnerlichen von umfangreichen Listen für jede einzelne Kultur.

Obwohl die Artikel dieser Serie in vieler Hinsicht länderspezifisch sind, indem wir Verhaltens- und Kommunikationsmuster für das jeweilige Land hervorheben, haben wir unseren Ansatz nichtsdestotrotz bewusst so gewählt, dass wir zuerst die betreffenden Kern-Konzepte der interkulturellen Kommunikation vorstellen. Durch diesen soliden Unterbau bekommen die jeweils folgenden "Checklisten" nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, es wird auch deutlich, dass sie in breiterem Maße anwendbar sind: In Bezug auf Länder und Regionen nämlich, die dieselbe "Wurzel" einer bestimmten Verhaltensweise haben. Kompetenzen in der interkulturellen Kommunikation reichen weit über das bloße Identifizieren von kulturellen Unterschieden hinaus. Sie liefern beispielsweise die Erkenntnis, dass geographische Nähe nicht automatisch bedeutet, dass man auch die gleichen kulturellen Werte teilt. Interkulturell erfolgreich kommunizieren zu können bedeutet letztlich die Fähigkeit zu besitzen, Kommunikationshürden speziell dort überwinden zu können, wo man sie gar nicht erwarten würde.

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12.03.2005
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